Was ist die Theosophische Gesellschaft? Ihre Mission und ihre Zukunft.

Ein Artikel von H.P. Blavatsky mit Anmerkungen und einer Einordnung im neuzeitlichen Kontext

Eine herbstliche Allee im Wald an deren Ende die Sonne scheint

Übersicht und Index

Es finden sich folgend drei Abschnitte auf dieser Seite:

Lesedauer: ca. 30 Minuten

Bemerkungen und neuzeitliche Einordnung von Blavatskys Artikel

Blavatskys Artikel, erstmals veröffentlicht im Magazin Luzifer [von Lichbtinger, nicht Teufel :) ], Nr. 12 im August 1888, zeigt einige wesentliche Punkte auf. Es geht in der modernen Theosophie vor allem um die praktische Anwendung moralischer Ideale auf das eigene Leben und das es das ureigenste Interesse der wahren Gründer der Theosophischen Gesellschaft ist, eben durch das von ihnen gegebene Wissen, einen moralischen Wandel in der Gesellschaft hin zum Besseren zu bewirken und nicht etwa, egoistischen Interessen nach esoterischem Wissen zu dienen. Schon von Anbeginn an wurde dieses wichtigste Ziel selbst von ihren treuesten Anhängern wenn nicht fehlinterpretiert so doch öftmals sträflich vernachlässigt. Es entbehrt nicht einer gewissen (traurigen) Ironie, wenn diese sogenannte universelle theosophische Bruderschaft noch nicht einmal untereinander mit sich im Reinen ist. Der Artikel zeigt Weitsicht, was die Entwicklung der westlichen Gesellschaft angeht, die sich immer mehr zu Grunde richtet, durch Egoismus und Materialismus (im weiteren Sinne). Aber er macht auch Hoffnung, dass es eine Lösung dieser Probleme gibt und das diese Lösung offenbar wird, wenn die Zeit dafür gekommen sein wird.

Zusammenfassung: Die Theosophische Gesellschaft – ihre Mission und ihre Zukunft

Blavatsky baut den ersten Teil ihres Artikels auf Zitaten eines damals angesehenen Sanskritisten, Herr Burnouf, auf, der aus ihrer Sicht einige wahre Dinge über die Theosophische Gesellschaft sagt, aber doch auch viel Falsches. Sie streift dabei die gemeinsame Geschichte der Buddhisten, Essener, Manichäer und Christen und den Einfluss Ersterer auf Letztere. Herr Burnouf weist auch auf die hohen Ziele der Theosophie hinsichtlich der gesellschaftlichen moralischen Entwicklung hin.

H.P. Blavatsky legt im Verlauf dar, dass die Gesellschaft gegründet wurde, um eine Bruderschaft der Menschheit zu werden – ein philosophisches und religiöses Zentrum, allgemein und für alle – und weder für buddhistische noch anderweitige religiöse Werbung. Ferner klärt sie ihre Leser über das Verhältnis von Buddhismus und Theosophischer Gesellschaft auf, auch mit einem Verweis auf den Unterschied zwischen exoterischen und esoterischen Schriften und das die Theosophische Gesellschaft die Wahrheit in allen Religionen aufzeige und bewahre, unbefleckt von den Verfälschungen der Zeitalter. Darüber hinaus werden die Gründe des moralischen Verfalls der damaligen Gesellschaft angeführt, der sogenannte Kampf ums Leben, der im totalen Egoismus enden soll und es den heren Zielen der Theosophie so schwer mache. Herr Burnouf spricht davon, dass schon ein großes Wunder passieren müsse, wenn die Theosophie ihr Ziel eines moralischen Wandels erreichen möchte. Darauf entgegnet H.P. Blavatsky, dass die Theosophie dieses Wunder verbringen wird und erklärt auch wie.

Sie zitiert im letzten Teil des Artikels ihre Lehrer mit verschiedenen Äußerungen, dahingehend, dass die ursprünglichen Ziele der Gesellschaft umgedeutet und missverstanden wurden. Diese ursprünglichen Ziele sind "das Streben nach esoterischem Wissen, der feste Entschluss und allgemeine Einwilligung hinsichtlich der Verbreitung einer menschenfreundlichen Lehre der brüderlichen Nächstenliebe gegenüber der ganzen Menschheit ... [und die] praktischen Anwendung von Buddhas esoterischen Lehren." Nur durch die enge brüderliche Vereinigung des inneren SELBST der Menschen, der Seelen-Solidarität, des Wachstums und die Entwicklung des Gefühls, das man erleidet, wenn man an das Leid Anderer denkt, könne die Herrschaft von Gerechtigkeit und Gleichheit für alle erreicht werden. Und diese heilsame Revolution, so die Lehrer weiter, kann friedlich nur von der Theosophischen Gesellschaft und ihre Lehren erreicht werden. Blavatsky geht auch ins Gericht mit den eigenen Reihen, die den Ansprüchen und Idealen oftmals nicht gerecht werden und sich mehr für magische Kunststücke interessiern, als für die moralische Läuterung der Gesellschaft.

Abschließend bemerken die Lehrer Blavatskys, das sich die insbesondere westliche Gesellschaft in einem moralisch so schlechten Zustand befinde, weil sie die Wahrheit nie besessen hat und das es irgendwo für diese großen Probleme eine konsistente Lösung geben müsse und wenn ihre Lehren die Kompetenz diesbezüglich zeigen werden, die Welt die erste sein wird, ihre (bisher esoterische) Philosophie als die wahre anzuerkennen.

Die Theosophische Gesellschaft, ihre Mission und ihre Zukunft

Selten hatte die Theosophische Gesellschaft so viel Glück, eine so höfliche und sympathische Behandlung zu erfahren, wie durch die Hände des bekannten Sanskritisten Emile M. Burnouf, in seinem Artikel in der Revue des Deux Mondes (Juli 15, 1888) – „Le Bouddhisme en Occident“.

Ein solcher Artikel beweist, dass die Gesellschaft endlich ihren rechtmäßigen Platz im Gedankenleben des 19. Jh. gefunden hat. Es markiert den Beginn einer neuen Ära in ihrer Geschichte und als solches verdient es die größte Aufmerksamkeit all jener, die ihre Energie der theosophischen Arbeit widmen. M. Burnoufs Position in der akademischen Welt der östlichen Studien berechtigt uns, seine Meinung ernst zu nehmen und zu respektieren, während sein Name zu Recht einer der verehrtesten unter den Sanskritgelehrten ist (auch aufgrund des verstorbenen M. Eugene Burnouf) und all das macht es mehr als wahrscheinlich, das ein solcher Mann keine voreiligen Schlüsse zieht, sondern vielmehr, dass seine Schlussfolgerungen auf sorgfältigen und genauen Studien gründen.

Sein Artikel ist einem dreifachen Thema gewidmet: Der Ursprung der drei Religionen oder Organisationen, deren fundamentale Lehren M. Burnouf als identisch bezeichnet, identisch in ihren Zielen und zudem aus einer gemeinsamen Quelle stammend und diese sind: Buddhismus, Christentum und die Theosophische Gesellschaft. Er schreibt auf S. 341:

Diese Quelle, welche bisher bestritten wurde, wurde heute voll und ganz durch die wissenschaftliche Forschung ans Licht gebracht, vor allem durch englische Forscher und der Veröffentlichung originaler Texte. Unter diesen scharfsinnigen Prüfern stehen Namen wie Sayce, Pool, Seal, Rhys-David, Spencer-Hardy, Bunsen…

Das ist eine lange Zeit, in der Tat, seit diese Ähnlichkeiten offenbar wurden, oder sagen wir viel eher, deren identische Elemente, der christlichen Religion und der von Buddha… [und] während des letzten Jahrhunderts wurden diese Übereinstimmungen durch einen täuschenden Gelehrteneinfluss erklärt, bis die orientalische Chronologie vervollständigt und somit gezeigt wurde, das der Einfluss Buddhas mehrere Jahrhunderte älter ist und er sogar Jesus Christ beeinflusste… Das Problem blieb offen bis in die letzten Tage, als die Wege, die der Buddhismus ging, endgültig erkannt wurden und diese letzten Schritte schließlich nach Jerusalem führten… Und nun sehen wir, wie unter unseren Augen eine neue Gesellschaft entsteht, um die buddhistischen Dogmen in der Welt zu verbreiten. Es ist dieses ein dreifache Thema, welches wir behandeln werden.

In diesem Punkt, die Ziele der Theosophischen Gesellschaft [im folgenden nur noch TG] betreffend und die Schlüsse die er diesbezüglich daraus zieht, ist der Artikel von Mr. Burnouf fehlerhaft. Die theosophische Gesellschaft ist nicht gegründet worden, um irgendwelche Dogmen irgendwelcher exoterisch-ritueller Kirchen zu propagieren, ob nun buddhistisch, brahmanisch oder christlich. Diese Idee ist ein weit verbreiterter und allgemeiner Fehler; und der bedeutende Sanskritist wurde von einer nahe liegenden Quelle in die Irre geführt. M. Burnouf hat in der Zeitschrift „Lotus“ der Theosophischen Gesellschaft Paris eine polemische Korrespondenz zwischen einem der Redakteure von „Lucifer“ [Theosophische Zeitschrift herausgegeben von H. P. B., Lucifer im Sinne von Lichtbringer, nicht von Teufel] und dem Abbé Roca gelesen.

Diese Enthält – sehr unklug – eine Verbindung von Theosophie und Papsttum der römisch-katholischen Kirche [...] Der Redakteur ist unbestreitbar ein Buddhist – ein Angehöriger der großen esoterischen Schule „Light of Asia“ und er ist der Präsident der Theosophischen Gesellschaft, Colonel H. S. Olcott. Aber dies bedeutet nicht, dass der ganze theosophische an den kirchlichen [ecclesiastical] Buddhismus gebunden ist. Die Gesellschaft wurde gegründet, um eine Bruderschaft der Menschheit zu werden – ein philosophisches und religiöses Zentrum, allgemein und für alle – und nicht für buddhistische Werbung. Die ersten Schritte wurden auf das gleiche große Ziel ausgerichtet, welches M. Burnouf auch Buddha Shakyamuni zuschreibt, der „die Kirche für alle Menschen, ohne Unterschied der Herkunft, Kaste, Nation, Hautfarbe oder Geschlecht“ öffnete (wie Artikel 1 der Regeln der TG) und fügte hinzu: „Mein Gesetz ist ein Gesetz der Gnade für alle“. In der gleichen Art und Weise ist die Theosophische Gesellschaft offen für alle, ohne Unterschied von „Herkunft, Kaste, Rasse, Nation, Hautfarbe oder Geschlecht“ und was noch wichtiger ist – [ohne Unterschied von] von Glauben.

Der einleitende Absatz dieses Artikels zeigte, wie richtig der Autor es erfasst hat, bis auf die genannte Ausnahme, dass alle Religionen eine gemeinsame Quelle besitzen. Nach ein paar Seiten seiner Abhandlung, die er dem Buddhismus widmet, der Religion und der Vereinigung von Männern die vom Prinzen von Kapilavastu [Buddha] gegründet wurde: über Manichäismus, fälschlicherweise als „Häresie“ bezeichnet, und seine Beziehung zum Buddhismus und Christentum, kommt er zur Theosophischen Gesellschaft. Er führt letztere aufs Glatteis über die Rückverfolgung (a) vom Leben des Buddhas, der englischen Öffentlichkeit nur allzu gut bekannt durch das herrliche Gedicht von Sir Edwin Arnold, welches wir rekapitulieren sollten; (b) die Erwähnung mit ein paar Worten, dass Nirvana nicht Vernichtung bedeutet; und (c) das die Griechen, Römer und Brahmanen die Priester als Vermittler zwischen Menschen und Gott betrachteten, eine Idee, welche die Konzeption eines persönlichen Gottes zu Grunde liegt, der seine Gunst nach eigenem Wohlgefallen verteilt – ein Souverän des Universums, um es kurz zu machen.

Die wenigen Zeilen über Nirvâna müssen hier wiedergeben werden, bevor der letzte Satz diskutiert wird. Der Autor sagt:

Es ist nicht meine Aufgabe, hier über die Natur von Nirvâna zu diskutieren. Ich möchte lediglich sagen, dass in Indien die Idee der Vernichtung absolut fremd ist, dass Ziel Buddhas war es, die Menschen vor dem Elend des irdischen Lebens in ihre späteren Wiedergeburt zu führen; und schließlich, das er seine lange Existenz im Kampf gegen Mara [personifizierte niedere Antriebe im Buddhismus] und seine Engel verbrachte, die er selbst als Tod und die Armee des Todes bezeichnete. Das Wort Nirvana bedeutet tatsächlich Auslöschung, bspw. wie ein Lampe ausgeblasen wird, aber es bedeutet auch die Abwesenheit von Wind. Ich denke daher, dass Nirvana nichts anders ist als die requies aeterna, das Lux perpetua [ewiges Licht, im Zusammenhang mit der christlich-kirchlichen Totemmesse] welche die Christen ich auch für ihre Verstorbenen wünschen.

Betreffs des Priesteramtes zeigt der Autor, dass es ihm völlig an Buddhismus fehlt. Buddha ist nicht Gott, aber ein Man, der das höchste Maß der Weisheit und Tugend erreicht hat. „Deshalb begreift die buddhistische Metaphysik das absolute Prinzip aller Dinge, welches andere Religionen Gott nennen, in einer völlig anderen Art und Weise und sie machen nicht ein Wesen daraus, was vom Universum getrennt ist.“ Der Verfasser weist dann darauf hin, dass die Gleichheit aller Menschen untereinander einer der Grundbegriffe des Buddhismus ist. Darüber hinaus zeigt er dem hinzufügend, dass es die Juden ihre Lehre eines Messias aus dem Buddhismus abgeleitet haben.

Die Essener [bzw. deren Glaube], welche Heiler und Gnostiker waren, werden als Ergebnis einer Verschmelzung von indischen und semitischen Gedankengut identifiziert, und es wird vergleichend gezeigt, das die Leben von Jesus und Buddha in zwei Teile zerfallen: eine ideale Legende und reale Fakten. Von diesen ist der legendäre Teil bei beiden identisch, was in der Tat auch der Fall des theosophischen Standpunkts sein muss, da beide [dieser Lebensabschnitte] auf einen Initiationszyklus basieren. Schließlich wird der „legendäre“ Teil mit den entsprechenden Merkmalen in anderen Religionen gegenübergestellt, insbesondere der vedischen Geschichte Visvakarman. [Fußnote mit Hinweis darauf, dass diese Gleichheit bereits in Isis entschleiert, Die Geheimlehre und anderen theosophischen Publikationen behandelt wurde]. Nach seiner Ansicht war es auf dem Konzil von Nizäa, dass das Christentum offiziell mit dem kirchlichen Buddhismus brach, obwohl er hinsichtlich des Glaubensbekenntnisses in etwa die einfache Formel entwickelt: „Der Buddha, das Gesetz, die Kirche“ (Buddha, Dharma, Sangha).

Die Manichäer waren ursprünglich Samans oder Sramanas, buddhistischen Asketen, deren Anwesenheit in Rom im dritten Jahrhundert von St. Hippolytus aufgezeichnet wurde. M. Burnouf erklärt ihren Dualismus als Bezugnahme auf die Doppelnatur des Menschen – gut und böse – wobei das böse Prinzip dem Mara der buddhistischen Legende entspricht. Er zeigt, dass die Manichäer ihre Lehren früher vom Buddhismus abgeleitet haben, als das Christentum und damit kam es zu ein Kampf um Leben und Tod zwischen beiden, als die christliche Kirche zu einem Instrument wurde, welches das alleinige und exklusive Recht auf Besitzer der Wahrheit anmaßte.

Nachdem er so die Entwicklung des buddhistischen Denkens von Indien nach Palästina und Europa verfolgte, betont M. Burnouf, dass die Albigenser – [Südwest-Frankreich, bekannteste und wichtigste Untergruppe der Katharer, einer asketisch-religiös-sozialen Protestbewegung des 12. und 13. Jh., die wie der Katharerglauben von der Amtskirche durch den Albigenserkreuzzug (1209–1229) und Inquisitionstribunalen (ab 1233) vernichtet wurde] – auf der einen Seite und die paulinischen Schule (deren Einfluss nachvollziehbar im Protestantismus ist) auf der anderen, die beiden letzten Überbleibsel dieses Einflusses sind. Er fährt dann fort:

Die Analyse zeigt uns in der heutigen Gesellschaft zwei wesentliche Elemente: die Vorstellung eines persönlichen Gottes unter den Gläubigen, und unter den Philosophen, das fast vollständigen Verschwinden der Nächstenliebe. Das jüdische Element gewann die Oberhand und die buddhistischen Elemente wurden im Christentum verdunkelt.

Und so ist es eine der interessantesten, wenn nicht das am meisten unerwartete Phänomene unserer Tage, der Versuch der jetzt unternommen wird, in der Welt eine neue Gesellschaft wiederzubeleben und entstehen zu lassen, die auf den gleichen Grundlagen wie der Buddhismus aufbaut. Obwohl noch in ihren Anfängen, ist ihr Wachstum so schnell, dass sich unsere Leser freuen werden, wenn wir ihre Aufmerksamkeit auf dieses Thema gelenkt haben. Diese Gesellschaft ist immer noch in einem gewissen Maß eine verdeckte Mission und ihre Verbreitung wird geräuschlos und ohne Gewalt durchgeführt. Sie hat nicht einmal einen bestimmten Namen, seine Mitglieder selbst gruppieren sich unter östlichen Namen, platziert in den Titel ihrer Publikationen: Isis, Lotus, Sphinx, LUCIFER. Der Name, der für alle im Moment vorherrscht ist jedoch der der Theosophischen Gesellschaft.

Nachdem er eine sehr genaue Darstellung der Entstehung und Geschichte der Gesellschaft ausführt, auch die Anzahl der Arbeits-Niederlassungen in Indien, nämlich 135, fährt er fort:

Die Gesellschaft ist sehr jung und doch hat sie schon ihre Geschichte… Sie hat weder Geld noch Gönner, sie agiert ausschließlich mit ihren eigenen eventuellen Ressourcen. Sie enthält keine weltlichen Elemente. Sie schmeichelt keinem privaten oder öffentlichen Interesse. Sie hat sich ein sehr hohes moralisches Ideal auferlegt, sie bekämpft Laster und Egoismus. Sie wirkt auf die Vereinigung der Religionen hin [richtiger wäre Versöhnung durch gemeinsame Wurzeln], die sie als identisch in ihren philosophischen Ursprüngen auffasst, aber es erkennt nur die Wahrheit als Höchstes an…

Nachdem er die Geschichte der Entwicklung der TG und das Wachstum der Organisation zusammengefasst hat, fragt der Autor: „Was ist der Geist, der sie beseelt?“ Dazu antwortet er mit der Nennung der drei Ziele der Gesellschaft, und bemerkte in Bezug auf die zweite und dritte von diesen (das Studium der Literatur, Religionen und Wissenschaften der Menschheit und der Untersuchung der latenten psychischen Fähigkeiten im Menschen), dass, obwohl es so scheinen könnte, als ob sich die Gesellschaft eine Art akademische Färbung gibt, die von den Angelegenheiten des wirklichen Lebens weit entfernt ist, dies in Wirklichkeit jedoch nicht der Fall ist und er zitiert die folgende Passage aus dem Ende des Editorial in LUCIFER, November 1887:

Wer nicht praktischen Altruismus pflegt, wer nicht bereit ist, seinen letzten Bissen mit einem anderen zu teilen, der schwächer oder ärmer ist als er, wer es verabsäumt, seinem Mitmenschen zu helfen, wo immer er ihn leiden sieht, gleich welcher Nation oder welchem Glauben immer er angehören mag, wer sich dem Schrei des menschlichen Elends taub zeigt, wer hört, wie ein Unschuldiger verleumdet wird, und ihn nicht verteidigt, als wäre es er selbst, der ist kein Theosoph. (LUCIFER Nr. 3)

Diese Erklärung (so M. Burnouf weiter) ist nicht christlich, weil sie keine Rücksicht auf den Glauben nimmt, weil sie nicht missionarisch ist für jegliche Gemeinschaft und weil in der Tat, die Christen von der Regel Gebrauch gemacht haben, ihre Gegner zu Verleumden, zum Beispiel die Manichäer, Protestanten und Juden. [Fußnote im Original: Und der Autor vergisst hinzuzufügen: Die Theosophen, den keine Gemeinschaft wurde bisher mehr verleumdet und vom „Odium theologicum“ [„geflügeltes Wort“ hinsichtlich der Missgunst der Kirche gegenüber ihren Kritikern] verfolgt – seit dem die christlichen Kirchen soweit eingeschränkt wurden, einzig nur noch ihre Zungen als Waffe zu benutzen – als die Theosophische Gesellschaft und ihre Gründer.]

Es ist auch nicht muslimisch oder brahmanisch, es ist rein buddhistisch: die Veröffentlichungen der Gesellschaft sind entweder Übersetzungen buddhistischer Bücher oder Originalwerke inspiriert durch die Lehre des Buddha. Daher hat die Gesellschaft einen buddhistischen Charakter.

Dagegen protestiert sie aber, aus Angst, einen festgelegten und sektiererischen Charakter zu bekommen. Das ist ein Fehler: Der wahre und ursprüngliche Buddhismus ist keine Sekte, es ist kaum eine Religion. Es ist eher eine moralische und intellektuelle Reform, die keinen Glauben ausschließt, aber auch keinen annimmt. Dies ist es, was von der Theosophischen Gesellschaft getan wird.

Wir haben die Gründe für unsere Proteste angegeben. Wir sind niemals und keinem Glauben zugehörig. Von einem Standpunkt aus liegt M. Burnouf richtig, wenn er meint die TG sei buddhistisch. Sie hat einfach eine buddhistische Färbung, weil die Religion oder eher Philosophie näher an der Wahrheit (die geheime [esoterische] Weisheit) ist, als jede andere exoterische [zugängliche, nicht geheime] Form des Glaubens. Deshalb besteht eine so enge Verbindung zwischen beiden. Aber andererseits tut die TG gut daran, dagegen zu protestieren, wenn sie mit buddhistischer Propaganda verwechselt wird und das aus den Gründen, die von uns zu Beginn dieses Artikels gegeben wurden. Denn obwohl in völliger Übereinstimmung mit ihm, im Sinne der wahren Natur und des wahren Charakter des ursprünglichen Buddhismus, ist jedoch der Buddhismus von heute nicht weniger als eine eher dogmatische Religion, die in viele und heterogene Sekten aufgeteilt ist. Wir folgen allein Buddha. Deshalb, sobald es notwendig wird hinter seine heute öffentliche Form zu gehen – und wer will diese Notwendigkeit in Bezug auf den Buddhismus bestreiten? – sobald dies geschehen ist, ist es nicht sehr viel besser, auf die reine und unverfälschte Quelle des Buddhismus selbst zurückzugehen, anstatt nur einen Stillstand in einer Zwischenstufe anzustreben? Solch eine halb und halb Reform wurde versucht, als der Protestantismus sich von der älteren Kirche löste und sind die Ergebnisse zufriedenstellend?

Das also ist der einfache und natürliche Grund, warum die TG nicht den exoterischen Buddhismus vertritt und sich selbst nicht als eine Anhängerin der Kirche des Buddha versteht. Es ist ihr selbst ein viel zu großes Bestreben im unverfälschten „Licht“ zu bleiben, als von seinem verzerrten Schatten absorbiert zu werden. Das wurde von M. Burnouf verstanden, denn er drückt es in der folgenden Passage wie folgt aus:

Im Bezug zur Glaubenslehre hat der Buddhismus keine Geheimnisse, Buddha predigte in Gleichnissen und solche Gleichnisse haben nichts Symbolisches an sich. Die Theosophen haben sehr deutlich erkannt, das es in den Religionen immer zwei Lehren gab, die eine, sehr einfach und voller Bilder und Fabeln, die nach außen als Realitäten dargestellt werden, welche die öffentliche oder exoterische Lehre genannt wird. Die andere, esoterische oder innere Lehre ist für die mehr gebildeten und verborgenen Adepten, die Eingeweihten des zweiten Grades. Es besteht eine Art von Wissenschaft, die früher in der Geheimhaltung der Heiligtümer kultiviert und möglicherweise Hermetismus genannt wurde, die allein die letzte Erklärung der Symbole gibt.

Wenn diese Wissenschaft im Bezug zu den verschiedenen Religionen angewendet wird, sehen wir, dass deren Symbolik, obwohl im Äußeren unterschiedlich, dennoch auf demselben Fundament von Ideen ruhen und damit auch alle rückführbar sind, auf eine einzige Art und Weise der Interpretation der Natur.

Das charakteristische Merkmal des Buddhismus ist genau das Fehlen dieses Hermetismus und das Fehlen einer Symbolik, welches die Tatsache verdeutlich, dass der Buddhismus den Menschen die Wahrheit ohne Schleier in ihrer Alltagssprache lehrt. Dies ist es, was der Theosophischen Gesellschaft wiederholt… Und es gibt kein bessere Maßgabe, welcher die Gesellschaft folgen könnte, aber: Das ist noch nicht alles. Es ist wahr, dass es keine Geheimnisse oder Esoterik in den beiden buddhistischen Hauptkirchen, der Südlichen und der Nördlichen, gibt. Und Buddhisten können durchaus zufrieden sein mit dem toten Buchstaben [wörtliche Auslegung der Lehre] von Siddharta Buddhas Lehren, denn es gibt keine höheren oder edleren Lehren hinsichtlich der Auswirkungen auf die Ethik der Massen, bis zum heutigen Tag. Aber hier liegt auch der große Fehler aller Orientalisten.

Es gibt eine esoterische Lehre, eine seelenveredelnde Philosophie, hinter dem äußeren Körper des kirchlichen Buddhismus. Letztere, rein, keusch und makellos wie der jungfräuliche Schnee auf den eisbedeckten Spitzen des Himalaya, aber doch auch so kalt und öde, wie der Todeszustand des menschlichen Körpers. Das geheime System wurde allein den Arhats gelehrt – allgemein in der Saptaparna (Mahävansa’s Sattapani) Höhle, Ta-hian bekannt als die Chetu Höhle in der Nähe der Berg Baibhar (in Pali Webhara), in Rajagriha, der alten Hauptstadt von Maghada – von Buddha selbst, zwischen seinen Stunden von Dhyana (oder mystische Kontemplation). In dieser Höhle – in den Tagen des Shakyamuni [Buddhas], Saraswati oder „Bamboo-Höhle“ genannt – worin man die Geheimlehre bis in unsere Tage lehrte – wurden die Arhats in die geheime Weisheit initiiert, von wo aus sie ihre Lernen und ihr Wissen über den Bereich des Himalaya hinweg trugen. Hätten nicht die südindische Invasoren von Ceylon die Schriften der Buddhisten „in Stapel so hoch wie die Spitzen der Kokospalmen gehäuft“ und sie verbrannt, so wie die christlichen Eroberer auch alle geheimen Aufzeichnungen der Gnostiker und der Eingeweihten verbrannten, dann hätten die Orientalisten die Beweise und wären nicht in der misslichen Lage, diese bekannten Tatsachen nur zu behaupten.

Nachdem also M. Burnouf diesem allgemeinen Irrtum verfallen ist, fährt er fort:

Viele werden sagen: Sie [die TG] ist eine Chimäre, sie hat nicht mehr Zukunft vor sich, wie das Neue Jerusalem der Rue Thouin [?] und nicht mehr Daseinsberechtigung als die Heilsarmee. Das könnte sein, jedoch sollte beachtet werden, dass diese beiden Gruppen Bibelgesellschaften und der dahinschwindenden Religion zugehörig sind. Die Theosophische Gesellschaft ist das direkte Gegenteil davon, sie verwirft die Allegorien und vernachlässigt oder verweist sie in den Hintergrund, indem im Vordergrund die Wissenschaft steht, wie wir sie heute verstehen, und die moralische Reformation, die unsere alte Welt so sehr notwendig hat. Was sind denn heute die sozialen Gegebenheiten, die für oder gegen sie sein können? Ich werde sie in aller Offenheit angeben.

Kurz gesagt sieht M. Burnouf in der öffentlichen Gleichgültigkeit die erste Hürde für die Gesellschaft. “Gleichgültigkeit, geboren aus der Müdigkeit und Mattigkeit der Unfähigkeit der Religionen, das gesellschaftliche Leben zu verbessern, und den unaufhörlichen Riten und Zeremonien, die die Priester nie erklären.“ Menschen fordern heute „wissenschaftlich formulierte Gesetze der Natur, ob physische oder moralische…“ Und dieser Indifferenz muss die Gesellschaft begegnen, „ihr Name fügt weitere Schwierigkeiten hinzu: das Wort Theosophie hat keine Bedeutung für die Menschen, im besten Fall eine ungenaue und selbst für jene die ihn kennen, ist er nur sehr wage.“ „Es scheint einen persönlichen Gott zu implizieren“, denkt M. Burnouf und fügt hinzu: „Wer immer auch persönlicher Gott sagt, redet auch von Schöpfung und Wunder“ und er kommt zu dem Schluss, dass „die Gesellschaft würde ehrlich gesagt besser daran tun, buddhistisch zu werden oder aufhören zu existieren.“

Dieser Empfehlung unserer freundlichen Kritiker können wir nur schwerlich zustimmen. Er hat offenbar das hohe Ideal des einfachen Buddhismus begriffen und erkennt zu Recht, dass dieses Ideal identisch ist mit dem der TG. Aber er hat weder die Lektion der Geschichte gelernt, noch wahrgenommen, dass das aufpfropfen eines jungen und gesunden Spross an einem Zweig, der seine innere Vitalität verloren hat, tödlich ist für das Wachstum des Sprosses. Das essentielle Wesen, dessen sich die Position der TG angenommen hat, ist, dass sie die Wahrheit in allen Religionen aufzeigt und bewahrt, unbefleckt von der Verfälschung über die Zeitalter durch menschlichen Leidenschaften und Bedürfnisse. Und obwohl Theosophie göttliche Weisheit bedeutet, impliziert dies doch nicht einen Glauben an einen persönlichen Gott. Es ist nicht „die Weisheit Gottes“, sondern die göttliche Weisheit. Die Theosophen der alexandrinischen neuplatonischen Schule glaubten an „Götter“ und „Dämonen“ und an eine unpersönliche ABSOLUTE [also abstrakte, nicht persönliche] GOTTHEIT. Um fortzufahren:

Unsere modernen Lebensgewohnheiten [sagt M. Burnouf] sind nicht streng, sie werden in der Regel Jahr für Jahr immer weicher und immer mehr ohne Rückhalt. Die moralische Ausdauer der Menschen von heute ist sehr schwach; die Ideen von Gut und Böse sind, vielleicht, nicht verdunkelt, aber der Wille zum rechten Handeln fehlt die Energie. Was Menschen heute vor allem wollen ist die Freude und der schläfrigen Zustand der Existenz, welcher Komfort genannt wird. Versuchen Sie, den Menschen, die diesen Weg der Selbstsucht eingeschlagen haben, die Aufopferung ihres Besitzes und ihrer selbst zu predigen!

Sie werden nicht viele konvertieren. Sehen wir nicht die Lehre vom „Kampf des Lebens“ [wissenschaftlicher Leitsatz aus dem Sozialdarwinismus, bedeutet so viel wie: Der Stärke siegt und er handelt damit nur naturgemäß] heute auf alle Funktionen des menschlichen Lebens angewandt? Diese Formel ist für unsere Zeitgenossen eine Art Offenbarung, deren Vorbetern sie blind folgen und preisen. Man kann ihnen sagen, aber vergeblich, dass man seinen letzten Bissen Brot mit den Hungrigen teilen muss, sie aber werden nur lächelnd antworten durch die Losung: „Kampf des Lebens“. Sie werden noch weiter gehen: Sie werden durch die Entwicklung einer gegenteiligen Theorie sagen, dass man für sich selbst einen Existenzkampf führt und deshalb nicht selbstlos ist [bzw. sich so ihren Egoismus entschuldigen]. Wie kann man diesem Sophismus entkommen, von denen alle Menschen heute so überzeugt sind? ...

Diese Lehre ist sicherlich der schlimmste Gegner der Theosophie, denn es ist die perfekte Formel für Egoismus. Sie scheint auf wissenschaftlicher Beobachtung zu basieren, und es zeigt die moralischen Tendenzen unserer Tage… Diejenigen, die sie akzeptieren und die Gerechtigkeit appellieren, stehen im Widerspruch mit sich selbst, diejenigen, die sie praktizieren, und Gott auf ihrer Seite sehen, sind Gotteslästerer. Aber diejenigen, die sie missachten und Nächstenliebe predigen, betrachtet man, um möglichst intelligent zu erscheinen, in etwa so, als würde sie die Güte ihres Herzens direkt in die Torheit führen. Wenn es der TG gelingt, diese Lehre des Egoismus zu widerlegen, diese Sichtweise des Gesetzes des „Kampfes für das Leben“ aus den Köpfen der Menschen zu verbannen, dann wird sie in dieser heutigen Zeit ein Wunder vollbracht haben, welches größer ist, als die, welche Shakyamuni oder Jesus vollbracht haben.

Und dieses Wunder wird die Theosophische Gesellschaft vollbringen.

Es wird dies geschehen, nicht etwa durch die Widerlegung der relativen Existenz dieses Gesetzes, sondern durch dessen Zuordnung an seinen gebührenden Platz in der harmonischen Ordnung des Universums, durch die Enthüllung seiner wahren Bedeutung und Natur und durch das aufzeigen, dass diese Pseudo-Gesetz natürlich ein „heuchlerisches“ Gesetz ist, und soweit es die menschliche Familie betrifft, eine Fiktion der gefährlichsten Art. „Selbsterhaltung“, ist in der Tat wichtig, wie auch, dass deren praktische Anwendung [bezogen auf das sophistische Verständnis] einem langsamen Selbstmord entspricht, denn es ist eine Politik des gegenseitigen Totschlags, welche die Menschen mehr und mehr durch eine retrograde Reinvolution mit dem Tierreich verschmilzt.

Dies ist es, was der „Kampf des Lebens“ in Wahrheit ist, sogar hinsichtlich der rein materialistischen Sichtweisen der politischen Ökonomie. Sofern diese axiomatische Wahrheit allen Menschen erwiesen ist, dann wird der gleiche Instinkt der Selbsterhaltung in seinen wahren Kanal geleitet, dem Altruismus – welcher die sicherste Politik der Erlösung ist.

Die wirklichen Gründer dieser Gesellschaft [Blavatskys Lehrer] haben die Weisheit der Wahrheit in einem der abschließenden Absätze von M. Burnouf ausgezeichneten Artikel erkannt, sodass sie gegen diese schreckliche Not einige ihrer grundlegenden Lehren zur Verfügung gestellt haben. Dieser „Kampf ums Dasein“ gilt nur für die körperliche, nie auf der moralischen Ebene des Seins. Daher, wenn uns der Autor mit diesen furchtbar ehrlichen Worte warnt: „Universelle Nächstenliebe erscheint veraltet, die Reichen wollen ihren Reichtum halten und dem noch mehr hinzufügen, die Armen werden im Verhältnis immer ärmer, bis zu dem Tag, an dem sie vom Hunger getrieben Brot verlangen werden, nicht aber vermöge der Theosophie, sondern mittels einer Revolution. Und die Theosophie wird wohl verschwinden durch diesen Hurrikan…“

Die Theosophische Gesellschaft antwortet hierauf:

"Es wird, würden wir seinem wohlmeinenden Rat folgen, sicherlich dennoch nur einer sein [dieser Hurrikan], der sich mit der niederen Ebene befaßt." Es ist nicht die Strategie der Selbsterhaltung, nicht die Wohlfahrt der einen oder anderen Persönlichkeit in ihrer endlichen und physischen Form, die jemals den gewünschten Gegenstand schützen und die Gesellschaft vor den Auswirkungen des kommenden sozialen "Hurrikans" abschirmen wird oder kann; sondern nur die Schwächung des Gefühl des Getrenntseins in den Einheiten, welche ihr Hauptelement bilden. Und eine solche Schwächung kann nur durch einen Prozess der inneren Erleuchtung erreicht werden. Es ist nie Gewalt, die Brot und Komfort für alle sichern kann; noch ist das Reich des Friedens und der Liebe, der gegenseitigen Hilfe und Nächstenliebe und das „Nahrung für alle“ von einem gefühllosen, kalten denken diplomatischer Politik zu erreichen.

Nur durch die enge brüderliche Vereinigung des inneren SELBST der Menschen, der Seelen-Solidarität, des Wachstums und die Entwicklung des Gefühls, das man erleidet, wenn man an das Leid Anderer denkt, kann jemals die Herrschaft von Gerechtigkeit und Gleichheit für alle erreicht werden. Dies ist die erste der drei grundlegenden Ziele, für die die Theosophische Gesellschaft gegründet wurde, und welches die „universelle Bruderschaft der Menschheit“ ohne Unterschied von Ethnie, Hautfarbe oder Religion genannt wurde.

Wenn die Menschen beginnen zu realisieren, dass es genau dieser grausame persönliche Egoismus der Hauptmotor für den „Kampf für das Leben“ ist und das er die alleinige Ursache und Wurzel des menschlichen Hungers ist; zum einen und zum anderen nationaler Egoismus und Eitelkeit – der die Staaten und reiche Einzelpersonen bewegt, enorme Mengen Geldes zu begraben, um atemberaubende aber unproduktive Kirchen und Tempel zu errichten [...] dann werden sie versuchen, dieses universelle Übel durch einen gesunden Wechsel der Politik zu beseitigen. Und diese heilsame Revolution kann friedlich nur von der Theosophischen Gesellschaft und ihre Lehren erreicht werden.

Dies wird annähernd auch von M. Burnouf verstanden, so scheint es, während er anderswo auffällig den wahren Grundton dieser Situation bekämpft, endet er mit den Worten:

Die Gesellschaft wird Verbündete finden, sofern sie ihren Platz in der zivilisierten Welt von heute behaupten kann. Entgegen all dem positiven Habitus, mit Ausnahme vielleicht von einigen Abweichlern und mutigen Priestern, ist der einzige Weg dafür, sich in Übereinstimmung mit den Männern der Wissenschaft zu bringen. Wenn ihre Lehre der Nächstenliebe zu einer ergänzenden Lehre der Wissenschaft wird, wird das die Menschen verpflichten, sie auf wissenschaftlicher Basis anzuerkennen, unter dem Schmerz des Verharrens in den Bereichen der Sentimentalität.

Die oft wiederholte Formel des Kampf des Lebens ist wahr, aber nicht universell, sie ist wahr für Pflanzen, weniger wahr für die Tiere und in dem Maße, wie wir die Stufen der Leiter hinaufsteigen, sehen wir, dass auch das Recht des Opfers immer mehr an Bedeutung gewinnt, und beim Menschen, erreichen diese beiden Gesetze ein Gleichgewicht, und das Gesetz des Opfers, welches das der Nächstenliebe ist, neigt dazu, die Oberhand zu übernehmen, durch das Reich der Vernunft.

Es ist offensichtlich, dass wir in unserer Gesellschaft nur durch Recht, Gerechtigkeit und Nächstenliebe die Möglichkeit haben, vor der Unvermeidlichkeit des Lebenskampfes zu flüchten, welcher selbst moralische Sklaverei, Egoismus und Barbarei ist, kurzum, dem zu entkommen, was Shakyamuni poetisch als die Macht und die Armee von Mara schilderte [Shakyamuni = Buddha Shakyamuni (Der Weise aus dem Geschlecht der Shakya). Siddhartha Gautama].

Und doch scheint unser Kritiker nicht mit diesem Stand der Dinge zufrieden zu sein und rät uns, indem er hinzufügt:

Wenn die Theosophischen Gesellschaft [sagt er] sich dieser Reihenfolge von Ideen annimmt und weiß, sie zum stützenden Dreh- und Angelpunkt zu machen, wird sie den Limbus inchoate [in etwa der Grenzbereich der Unvollständigkeit] verlassen und ihren Platz in der modernen Welt finden, und dennoch ihren indischen Ursprung und ihren Prinzipien treu bleiben. Sie kann Verbündete finden; denn wenn Menschen müde sind ob der symbolischen Kulte, unverständlich selbst ihren eigenen Lehrern, Menschen mit Herz (und das sind viele), ebenso müde wie erschrocken über den Egoismus und die Korruption dieser Zeit, die unsere Zivilisation zu verschlingen droht und dazu neigt, diese durch eine berechnete Barbarei zu ersetzen. Reiner Buddhismus besitzt die nötige Bandbreite, um einer religiösen Lehre, wie auch dem wissenschaftlichen Anspruch genüge zu leisten. Es ist seine Toleranz, warum er die Eifersucht von niemand erregt. Im Grunde ist es die Verkündigung der Herrschaft der Vernunft und ihres Reiches über die tierischen Instinkte, die sie zügelt und regelt. Schließlich hat sie ihren Charakter in zwei Wörtern zusammengefasst, welche bewundernswert das Gesetz der Menschlichkeit formulieren: Wissenschaft und Tugend.

Und diese Formel hat die Gesellschaft durch das noch bewundernswerter Axiom erweitert: „Es gibt nichts (auch keine Religion), was höher steht, als die Wahrheit.“ An dieser Stelle werden wir Abschied nehmen von unserem gelehrten und vielleicht auch zu freundlichen Kritiker, um uns ein wenig allgemein mit den Theosophen zu befassen.

Hat unsere Gesellschaft als Ganzes die schmeichelhafte Worte und Ankündigungen, die ihr durch M. Burnouf verliehen wurden verdient? Wie viele ihrer einzelnen Mitglieder, wie viele ihrer Sektionen haben die edlen Worte eines Meister der Weisheit durchgeführt, die von der Autorin aus Ausgabe drei der Zeitschrift LUCIFER zitiert wurden?

„Derjenige der das nicht praktiziert“, zum einen und zum anderen “ist kein Theosoph“, sagt das Zitat. Dennoch, diejenigen, die noch nicht einmal etwas Überflüssiges geteilt haben – geschweige denn ihren letzten Bissen – mit den Armen; diejenigen, die einen Unterschied in ihrem Herzen zwischen einen farbigen und einen weißen Bruder machen, und auch alle jene, die bösartige Bemerkungen gegen ihre Nachbarn, sorglosen Klatsch und Verleumdung sogar aufgrund der geringsten Provokation machen – sind wie himmlischer Tau auf trockenen Lippen – und nennen sich selbst doch als Theosophen!

Es ist sicherlich nicht die Schuld der Minderheit der wahren Theosophen, die versuchen, den Weg zu folgen und die verzweifelten Versuche unternehmen, die Ziele zu erreichen, wenn die Mehrheit ihrer Kollegen dies nicht tut. Es ist daher nicht an sie adressiert, sondern an diejenigen, die in ihrer heftigen Liebe zu sich selbst und ihrer Eitelkeit, anstatt zu versuchen das Original-Programm durchzuführen zum Besten ihrer Fähigkeiten, sie unter den Mitgliedern die Samen der Zwietracht säen, für diejenigen, deren persönliche Eitelkeit, Unzufriedenheit und Liebe zur Macht oft in Prunk enden und die das Originalprogramm und Motto der Gesellschaft verleugnen.

Tatsächlich sind diese ursprünglichen Ziele geändert und zu drei wesentlichen Zielen zusammengeführt worden, eine Tatsache, an die man unserer Mitglieder nicht zu oft erinnern kann. Der Geist dieser Ziele wird deutlich in einem Brief von einem der Meister, der zitiert wird auf den Seiten 71 und 73 in „Occult World“ [Streben nach okkultem Wissen, der feste Entschluss und allgemeine Einwilligung hinsichtlich der Verbreitung einer menschenfreundlichen Lehre der brüderlichen Nächstenliebe gegenüber der ganzen Menschheit, ohne Unterschied von Ethnie und Glaube]. Diese Theosophen – die im Laufe der Zeit und der Ereignisse sich von den ursprünglichen Zielen distanzieren würden oder dies bereits getan haben und eine neue Politik der Verwaltung aus der Tiefe ihrer inneres Bewusstseins haben, sind ihrem Gelöbnis nicht treu:

„Aber wir haben immer die ursprünglichen Ziele verfolgt“, behaupten einige von ihnen mit Stolz. „Habt ihr nicht“ kommt als Antwort von denen, die mehr über die wahren Gründer hinter den Kulissen der TG wissen, als jene selbst – oder jemals werden, wenn sie weiterhin in dieser Stimmung der Selbst-Täuschung und des Egoismus arbeiten. Was sind die von den Meistern verfolgten Ziele? Hören Sie sich die authentischen Worte von einem von ihnen [ein östlicher Lehrer zitiert von Sinnet] im Jahre 1880 an, welcher der Autor des Buches „Occult World“ [Mr. Sinnett] geschrieben hat:

„...Für uns sind diese Motive in aufrichtiger und ehrenwerter Erwägung und jeglicher ernsthaften Berücksichtigung hinsichtlich des weltlichen Standpunkts aus – egoistisch… Sie sind egoistisch, weil Sie sich bewusst sein müssen, dass der Hauptzweck der Theosophischen Gesellschaft es nicht so sehr ist, einzelne Wünsche zu befriedigen, wie man einen Mitmenschen dient… und aus unserer Sicht werden die höchsten Bestrebungen für das Wohl der Menschheit verdorben mit Selbstsucht, wenn, in den Köpfen der Menschenfreunde, der Schatten eines Wunsch nach Selbstnutzen oder der Neigung zu Unrecht lauert und selbst dort, wo dieses unbewusst vorhanden ist… Aber sie diskutieren immer in der Art, die Idee einer universellen Bruderschaft beiseite zu legen und haben deren Nutzen in Frage gestellt und empfohlen, die Theosophische Gesellschaft nach dem Prinzip einer Hochschule für spezielle Studien des Okkultismus umzugestalten…“ - (Occult World, S. 72)

Und ein weiterer Brief wurde geschrieben, auch im Jahr 1880, der nicht nur ein direkter Tadel an die Theosophen war, die die Hauptidee der Bruderschaft vernachlässigen, sondern auch eine erwartete Antwort auf M. Emile Burnoufs Haupt-Argument. Hier sind ein paar Auszüge daraus. Es richtete sich wieder an diejenigen, die danach trachten, der Gesellschaft ihren „sentimentalen Namen“ zu nehmen und sie in eine Arena für „cup-growing and astral bell-ringing“ zu verwandeln:

„Angesichts der ständig wachsenden Triumphs und, zur gleichen Zeit, Missbrauch des freien Denkens und Handelns, wie soll der brutale natürlichen Instinkt des Menschen mit seinen Grausamkeiten, Ungeheuerlichkeiten, Tyrannei, Ungerechtigkeiten zurückgehalten werden, wenn nicht durch den beruhigenden Einfluss einer Bruderschaft und der praktischen Anwendung von Buddhas esoterischen Lehren? …Buddhismus ist der sicherste Weg, um die Menschheit zur der einen esoterischen Wahrheit zu führen. Wie wir sehen, befindet sich die Welt, gleich ob Christ, Muselmann oder Heide jetzt in einer Situation, in der die Gerechtigkeit missachtet wird und Ehre sowohl als Gnade in den Wind geschrieben wurden.

Kurzum, wie – seit dem die wichtigsten Ziele der Theosophischen Gesellschaft fehlinterpretiert wurden von denen, die am meisten bereit sind uns persönlich zu dienen – wie kommen wir mit dem Rest der Menschheit überein, hinsichtlich diesem Fluch, bekannt als „Kampf für das Leben“ – die wirkliche und tatsächliche Ursache der meisten Leiden und Sorgen und aller Verbrechen? Warum ist dieser Kampf so ein universelles Schema geworden?

Wir antworten: Weil keine Religion, mit Ausnahme des Buddhismus, bisher gelehrt hat, eine praktische Verachtung für dieses irdische Leben zu pflegen, während jene [anderen], immer, mit der einen [eben genannten] einzigen Ausnahme, durch ihre Höllen und Verdammungen größte Angst vor dem Tod eingeschärft haben. Daher finden wir, dass der „Kampf für das Leben“ am heftigsten in christlichen Ländern tobt, am häufigsten in Europa und Amerika. Es schwächt die heidnischen Länder und ist unter der buddhistischen Bevölkerung nahezu unbekannt… Erklären Sie den Menschen, dass das Leben auf dieser Erde, selbst wenn es das Glücklichste ist, es dennoch nur eine Belastung und eine Illusion ist und dass das unser eigenes Karma ist, die Ursache die Wirkungen erzeugt, dies ist unsere eigene Gerechtigkeit und unser Retter in zukünftigen Leben – und der große Kampf für das Leben wird bald seine Intensität verlieren…

Die Welt im Allgemeinen und das Christentum im Speziellen stand in den letzten zweitausend Jahren unter dem Regime eines persönlichen Gottes, wie auch die politischen und sozialen Systeme, die auf dieser Idee basieren und es hat sich nun als großer Misserfolg erwiesen. Wenn Theosophen sagen: „Wir haben nichts mit all dem zu tun, wir können nichts für die unteren Klassen und "minderwertigen Rassen" (jene von Indien zum Beispiel, in der Konzeption der Britten) tun, das ist nicht unsere Angelegenheit und man muss dies leider nehmen wie es ist“ was wird aus unserer noblen Berufung des Wohlwollens, die Reform zu verwalten etc.? Ist diese Berufung ein Hohn? Und falls es ein Hohn ist, kann es der wahre Weg sein? Sollten wir [die esoterische Bruderschaft] uns den Unterricht von ein paar Europäern widmen, die Leben wie Gott in Frankreich und von denen viele mit dem Gift [der Sichtweise] des blinden Zufalls beladen sind, um ihnen das Grundprinzip des [astralen] Glockengeläuts, der wachsenden Tasse [eine Anekdote hinsichtlich eines von HPB hervorgebrachten Phänomens während eine Picknicks], des spirituellen Telefons etc., etc. zu erklären, und die wimmelnden Millionen der Unwissenden, die Armen und Verachteten, den Erniedrigten und Unterdrückten sich selbst überlassen? Ist es das was sie wollen? Niemals! Eher geht die Theosophische Gesellschaft zu Grunde… als das wir nichts Besseres ermöglichen, als eine Akademie der Magie in der Halle des Okkultismus zu werden.

Dass wir – die ergebenen Anhänger des fleischgewordenen Geistes der absoluten Selbstaufopferung, der Menschenliebe, der göttlichen Güte und allen Tugenden, die auf dieser Erde der Trauer zu erreichen sind und all das im höchsten Maße, der Mann der Männer, Gautama Buddha – jemals eine Theosophische Gesellschaft vertreten sollten, die zur Verkörperung der Selbstsucht und eine Zuflucht der Wenigen wird, die keine Gedanken für die Vielen haben, ist eine sehr seltsame Idee… Und wir sind es, die demütigen Jünger des perfekten Lamas, von denen erwartet wird, es der Theosophischen Gesellschaft zu ermöglichen, ihr edlen Titel [Ziel] zu fallen lassen, dem der Bruderschaft der Menschheit, um eine einfache Schule der Psychologie zu werden? Nein! Nein! Werte Brüder, sie geben sich nun schon viel zu lange diesen falschen Gedanken hin. Lassen Sie uns einander folgendes klar stellen. Wer sich nicht kompetent genug fühlt, um die edle Idee ausreichend zu erfassen und dafür zu arbeiten, der ist nicht verpflichtet eine Aufgabe anzugehen, die zu schwer für ihn ist.

Um wahr zu sein, muss Religion und Philosophie die Lösung eines jeden Problems bieten. Dass die Welt in einem so schlechten moralisch Zustand ist, ist ein schlüssiger Beweise dafür, dass keine seiner Religionen und Philosophien – die der zivilisierten Völker weniger als jeder andere – jemals die WAHRHEIT besessen haben. Die richtige und logische Erklärung hinsichtlich des Themas der Probleme der großen Prinzips der Dualität, Recht und Unrecht, Gut und Böse, Freiheit und Despotismus, Schmerz und Seligkeit, Egoismus und Altruismus, ist so unmöglich, wie es dies auch in den letzten 1.880 Jahren war. Sie ist so weit von der Lösung entfernt, wie sie es immer war, aber… es muss dafür irgendwo eine konsistente Lösung geben und wenn unsere Lehren ihre Kompetenz diesbezüglich zeigen werden und diese Lösung anbieten, dann wird die Welt die erste sein, die bekennt, dass unsere Philosophie die wahre ist und die wahre Religion, das wahre Licht, welches die Wahrheit gibt und nichts als die WAHRHEIT..

Und diese Wahrheit ist nicht der Buddhismus, sondern der esoterische Buddhismus. „Der, der Ohren hat zu hören, lasst es ihn hören…"

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Die theosophische Bewegung

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Gefahren der Theosophie

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Eine kleine Verteidigungsschrift

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